Elektromonteur Daniel Jacobi: Spannung pur bei 300+ Projekten

Spannung unter den Fingern, Gelassenheit im Kopf. So lässt sich die Arbeitsweise von Daniel Jacobi im Feld der Elektrotechnik bei der BHK Tief- und Rohrbau GmbH kurz und knapp beschreiben. Als Elektromonteur hat der 34-Jährige schon das ein oder andere Mal zahlreichen Haushalten den Stromzugang gekappt – wenn auch nur für ein paar Stunden. Während er bei einem seiner Bremer Projekte in der Baugrube Kabel durchtrennt, erklärt er uns, warum er gerne in seinem Job arbeitet.

VON ANNA-LENA GRÖH

Daniel Jacobi ist seit 9 Jahren bei BHK als Elektromonteur tätig - Foto: Jonas Ginter

Daniel Jacobi ist seit 9 Jahren bei BHK als Elektromonteur tätig – Foto: Jonas Ginter

„Moin, Firma BHK, wunderschönen guten Morgen. Ich hab ’ne Stromabschaltung für dich.“

Und dann geht es los. Daniel Jacobi legt auf, zieht seine Handschuhe an, klappt das Visier seines Helmes herunter, stülpt den NH-Sicherungshandschuh über seine rechte Hand, hakt dessen rundum isolierten Adapter in die Sicherung ein und zieht diese mit einer schnellen und kräftigen Bewegung aus der Halterung heraus.

Auch wenn er hier noch nicht in der Baugrube steht, muss dieser Handgriff sitzen, denn als Elektromonteur ist Strom Daniels tagtäglicher Begleiter. So auch beim Erden und Kurzschließen im Sicherungskasten dieser Hausreihe. „Wenn man die MK-Sicherungen zu langsam rauszieht, dann kann ein Lichtbogen entstehen“, erklärt Daniel. Bei dieser Arbeit steht Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz, bestehend aus Helm mit Visier und spezieller lichtbogenresistenter Kleidung, an erster Stelle.

Ungefähr 300-mal hat er schon solche Stromkästen geöffnet, die Sicherungen entfernt und die Stromkreise unterbrochen.

Sicherheit geht vor: Beim Erden und Kurzschließen am Stromsicherungskasten muss Daniel Jacobi eine bestimmte Arbeitssicherungskleidung tragen – Foto: Jonas Ginter

Sicherheit geht vor: Beim Erden und Kurzschließen am Stromsicherungskasten muss Daniel Jacobi eine bestimmte Arbeitssicherungskleidung tragen – Foto: Jonas Ginter

Um keinen Lichtbogen zu riskieren, darf Daniel Jacobi beim Herausziehen der Sicherung nicht zu langsam agieren – Foto: Jonas Ginter

Um keinen Lichtbogen zu riskieren, darf Daniel Jacobi beim Herausziehen der Sicherung nicht zu langsam agieren – Foto: Jonas Ginter

„Jedes Projekt ist ähnlich, aber grundsätzlich ist kein Tag wie der andere“,

stellt Daniel fest. „Das Einzige, was immer gleichbleibt, ist, dass ich morgens auf dem Hof meinen Tag plane. Wo darf ich hin? Was darf ich tun?“ Mit Strom und Sicherungen hat er schon in seiner Kindheit Bekanntschaft gemacht: „Ich bin in einem Elektrikerhaushalt in einem Kaff in der Nähe von Paderborn großgeworden. Effektiv habe ich schon mit sechs Jahren meine erste Steckdose selbst eingebaut.“

Den Alternativplan, KFZ-Mechaniker zu werden, verwarf er, als er den Ausbildungsplatz zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik ergatterte. Nach acht Jahren in der öffentlichen Beleuchtung wechselte er zu BHK. „Mitbewerber gab es zwar auch, aber BHK war von den Konditionen und dem Gesamtbild am besten“, betont er.

Risikofaktor Strom

Während er sich dem zweiten Stromsicherungskasten am anderen Ende der Straße nähert, muss er den auf Strom angewiesenen Anwohnerinnen und Anwohnern die immerwährende Frage beantworten, wann sie ihre elektrischen Geräte wieder in Betrieb nehmen können:

„Wir machen schnell und geben unser Bestes“,

antwortet Daniel freundlich, aber bestimmt. Am zweiten grauen Kasten angekommen, schließt er auf und erklärt: „Wir speisen das Kabel von zwei Seiten ein.“ Aus Eigenschutz, wie er berichtet. Nur bei einem Sicherungskasten die Stromverbindung zu unterbrechen wäre zu gefährlich für denjenigen, der das Kabel durchtrennt. Nur ein dummer Zufall reicht aus und der Strom fließt dort durch, wo er nachträglich großen Schaden anrichten kann: seinen Körper.

Die Spannung beträgt zwar gewöhnliche 230 bis 400 Volt, andere Dimensionen nimmt die Sache an, wenn es um die Stromstärke geht. Eine normale Steckdose zuhause ist mit 16 Ampère abgesichert. Hier sprechen wir von 200 Ampère, und zwar von zwei Seiten.

Daniel ist es wichtig, dass angehenden Kolleginnen und Kollegen ein Detail von Anfang an klar ist: „In jedem Moment, in dem du unter Spannung irgendwo arbeitest, ist es trotz Routine gefährlich. Wenn man in diesem Beruf arbeiten möchte, darf man keine Angst vor Strom haben, denn hier sind die Kabel zwar abgeschaltet, im Normalfall bleiben sie aber an“, merkt der Elektromonteur an. „Es ist nicht jedermanns Sache“, stellt er fest.

Mit viel Geduld erklärt Daniel Jacobi, wie es ist, unter Spannung zu arbeiten – Foto: Jonas Ginter

Mit viel Geduld erklärt Daniel Jacobi, wie es ist, unter Spannung zu arbeiten – Foto: Jonas Ginter

Sein Büro ist das Auto

Helm auf – Visier runter – Handschuh an. Ein zweites Mal Sicherungen ziehen. Check. „Das war sicherheitsrelevant, jetzt wird gearbeitet“, kommentiert Daniel, als er den Stromkasten ordnungsgemäß verschließt. Der heutige Plan ist für den 34-Jährigen nichts Ungewöhnliches. Auf dem Kabel sitzt eine alte Teermuffe. Solche sollen aufgrund ihrer Instabilität generell aus dem Netz verschwinden. Heißt im Klartext: Die gesamte Fehlerquelle muss beseitigt werden, bevor es zur Störung kommt. „Eine Muffe geht raus, zwei Muffen kommen wieder rein.“ Was sich zunächst anhört, wie ein Witz mit flacher Pointe, beschreibt den geplanten Prozess kurz und knapp.

Täglich arbeitet er an zwei bis drei Projekten.

„Man hat natürlich Tage dabei, wo es nicht so viel Spaß macht. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, mehrheitlich ist es ein geiler Beruf. Abwechslungsreich, man ist fast immer draußen und es ist halt nicht 08/15, ich baue den ganzen Tag nur Steckdosen ein, was das ganz normale Elektrogewerbe sehr oft beinhaltet.“

Flexibilität landet auch mit im Benefit-Pott. Sein leuchtend gelber BHK-Transporter ist dabei sein ständiger Begleiter: „Ich bin ausschließlich auf der Baustelle. Mein Büro ist das Auto.“ Der Fahrersitz ist sein Frühstücksraum, der Beifahrersitz sein Büro. „Mein Kollege sitzt meistens im Büro zum Frühstück“, schmunzelt er. Auf das Statussymbol Auto legt der Elektromonteur generell keinen Wert. Funktionell muss es sein und geräumig, schließlich müssen zuhause nicht nur seine Frau, sondern auch drei Kinder im Wagen Platz haben.

Der BHK-Transporter übernimmt für Daniel Jacobi nicht nur die Transportfunktion wichtiger Werkzeuge und Arbeitsmaterialien – Foto: Jonas Ginter

Der BHK-Transporter übernimmt für Daniel Jacobi nicht nur die Transportfunktion wichtiger Werkzeuge und Arbeitsmaterialien – Foto: Jonas Ginter

Alles, was Daniel Jacobi bei einem Projekt braucht, holt er am Morgen beim BHK-Standort in Bremen mit seinem Transporter ab – Foto: Jonas Ginter

Alles, was Daniel Jacobi bei einem Projekt braucht, holt er am Morgen beim BHK-Standort in Bremen mit seinem Transporter ab – Foto: Jonas Ginter

Mithilfe des Fußpedals, das an die Sicherheitsschneidanlage angeschlossen ist, werden die Kabelstellen um die Muffe sicher von außen durchtrennt – Foto: Jonas Ginter

Mithilfe des Fußpedals, das an die Sicherheitsschneidanlage angeschlossen ist, werden die Kabelstellen um die Muffe sicher von außen durchtrennt – Foto: Jonas Ginter

Auch die Arbeit eines Elektromonteurs ist mit körperlicher Anstrengung verbunden, das zeigt deutlich, als Daniel Jacobi die alte Teermuffe aus der Baugrube hebt – Foto: Jonas Ginter

Auch die Arbeit eines Elektromonteurs ist mit körperlicher Anstrengung verbunden, das zeigt deutlich, als Daniel Jacobi die alte Teermuffe aus der Baugrube hebt – Foto: Jonas Ginter

Projekt Nr. 301

Praktikabel denkt der Familienvater auch in seiner Freizeit, wenn es darum geht, wertvolle Zeit mit den Kindern zu verbringen und den eigenen Hobbys nachzugehen. Seit letztem Jahr sind er und seine Kinder Teil der Freiwilligen Feuerwehr. Mittlerweile ist er auch als Betreuer der Jugendfeuerwehr tätig. „Ich habe zuerst die Kinder angemeldet und dachte mir dann: Scheiß drauf, du machst das auch“, berichtet er, während er in die Baugrube steigt. Nachdem er zuvor mit einem Messgerät die Spannungsfreiheit sichergestellt hat, betätigt einer von Daniels Kollegen das Fuß-Pedal der Sicherheitsschneidanlage, die optisch an eine etwas zu groß geratene Astschere erinnert. Mit jedem Pedaldruck rücken die Zangen näher zueinander. Als diese das Kabel bündig umschließen, verlässt Daniel die Baugrube. Bei diesem Schritt darf er keinesfalls neben dem Kabel stehen. Nur ein nicht im Plan eingezeichnetes Kabel und er wird zum menschlichen Stromleiter.

Mit einem kurzen dumpfen Knacken ist das Kabel kurz vor der alten Muffe durch, danach ist die Kabelstelle hinter der Muffe an der Reihe. „Das erste Mal war das auch ein anderes Erlebnis, weil man andere Kabel gewöhnt ist. Und plötzlich landet man bei solchen Kabeln“, er hebt die alte Teermuffe aus der Baugrube und zeigt auf den fast faustdicken Kabelquerschnitt. Auch wenn seine Kinder diese Art der Wortwahl erst in den Mund nehmen dürfen, wenn sie es definieren können, findet er Elektrotechnik: „Einfach geil!“ Innerhalb der nächsten zwei Stunden wird Daniel die neue Verdrahtung in stabileres Gießharz eingegossen und damit BHK Projekt Nummer 301 ohne Stromschlag oder Lichtbogen abgeschlossen haben.

Nachdem Daniel Jacobi die Verdrahtung erneuert und alle Kabel ordnungsgemäß miteinander verbunden hat, führt er dem neuen Kabelverbund Gießharz zu – Fotos: Jonas Ginter